Ja, Deutschland ist ein Entwicklungsland. Zumindest was die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet angeht. Denn hier haben andere Staaten Deutschland längst abgehängt. So gehört in vielen Staaten eine Breitbandverbindung mit 100Mb/s zum Wohnstandart, wie fliessend Wasser. Dementsprechend werden Deutsche auch immer wieder komisch angeschaut, wenn sie bei der Wohnungssuche, wie man es in Deutschland gewohnt ist, in diesen Ländern nach der Breitbandversorgung fragen. Das ist ganz genauso, als würde man hier fragen, ob eine Wohnung auch Wasser und Strom hat.
Neoliberales Mantra
Aber bei uns versagt die Politik hier seit sehr, sehr vielen Jahren. Immer wieder wurde und wird noch immer „schnelles Internet“ für alle versprochen. Doch nichts passiert. Was auch kein Wunder ist, wenn man immer wieder das neoliberale Mantra „Der Markt wird es schon richten“ bemüht. Er richtet es eben nicht, denn Unternehmen (Internetprovider) picken sich immer nur die gewinnbringendsten Rosinen heraus. Und die gibt es nun mal nicht in der Fläche, sondern eigentlich nur in den Ballungsgebieten. Und genau so sieht auch die Internetversorgung in Deutschland aus. Relativ schnelles Internet in den großen Städten und Steinzeit Internet auf ISDN Niveau in ländlichen Bereichen.
Unterschiede in den Bundesländern
Und dann unterscheidet sich die Versorgung auch noch von Bundesland zu Bundesland.
Wie die Grafik von Statista zeigt, wiesen Mitte 2017 einzig in den Stadtstaaten mehr als 90 Prozent der Haushalte eine Breitband-Verfügbarkeit von mehr als 50Mbit/s auf. Spitzenreiter ist mit 96,5 Prozent Hamburg. Schlusslichter im Vergleich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem TÜV Rheinland sind die neuen Bundesländer: In Sachsen verfügt lediglich jeder zweite Haushalt über schnelles Internet, in Sachsen und Thüringen sind es jeweils 60,6 Prozent der Haushalte.
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25 Mb/s sind nicht State of the Art
Selbst in mittleren Städten ist sehr schnelles Internet nicht zwangsläufig gegeben. Ich wohne in einer Stadt mit ca 60000 Einwohnern. Meine Wohnung verfügt aber auch nur über einen 25Mb/s Zugang. Zumindest auf dem Papier. Und auch wenn 25Mb/s für viele auf dem Land Lebende traumhaft klingen mag, State of the Art ist diese Geschwindigkeit auch schon nicht mehr. Ein wenig Netflix, ein wenig IPTV und schon fängt es langsam an kritisch zu werden.
Befindlichkeiten der Netzbetreiber
Ändern würde sich an der Situation nur etwas, wenn die Politik entschiedener an das Problem herangehen würde. Und das bedeutet Geld in die Hand zu nehmen und Infrastrukturen aufzubauen. Ganz ähnlich wie beim Straßennetz. Auf die Befindlichkeiten der Netzbertreiber kann und darf dabei keine Rücksicht genommen werden.
Interessanterweise ist es zwar so, dass mittlerweile Geld zur Verfügung steht. Aber dennoch kommt der Breitbandausbau in Deutschland nur langsam voran. Zwischen 2015 und 2017 wurden von den bereit gestellten 1,56 Milliarden Euro lediglich 27,7 Millionen ausgegeben, wie die dpa berichtet. Bis alle in Deutschland über schnelles Internet verfügen, kann es also noch eine ganze Weile dauern.